Der Tod Jesu
Das Bild von der Kreuzigung Jesu füllt das mittlere der Chorfenster aus. Der Blick des Kirchenbesuchers geht unwillkürlich zu diesem Bild hinauf. „Und wenn dein Auge auf die große Kreuzigungsgruppe im Chorfenster fällt, dann hörst du es: So sehr hat Gott die Welt geliebt. Möchtest du diese Sprache immer beherzigen!“ Mit diesen Worten schloss Pfarrer Gemmeke das Kapitel über die Erbauung der Kirche in der Festschrift von 1922.
Das Kreuz ist auch ein Schlüssel zum Verständnis des gesamten Kirchenbaus. Pfarrer Gemmeke fragt den Leser: „Und welche Sprache führt die ganze Form?“ Anspielend auf den Kreuzgrundriss gibt er selbst die Antwort: „In Kreuzesform siehst du die Mauern aufsteigen, auf das Kreuz ist alles hier gestellt. Ja, im Kreuz allein ist Heil für dich! Willst du zum Heiligtum des Tabernakels, musst du das Kirchenkreuz durchschreiten, willst du einstens ins Heiligtum des Himmels, nimm das Kreuz auf dich, so tönt’s dir entgegen.“
Die Liebe Gottes, die in dem widersinnigen Kreuzestod seines Sohnes dem Glaubenden einen tieferen Sinn offenbart, wurde in der Messfeier an dem Hochaltar, der unter diesem Fenster stand, geheimnisvolle Wirklichkeit, und wird es auch heute, wenn die Gemeinde sich zur Feier der Eucharistie um den jetzigen Altar versammelt.
Schauen wir noch auf ein paar Einzelheiten des Bildes. Auf ihm sind mehrere Personen dargestellt, von denen die Evangelisten an verschiedenen Stellen erzählen: Es sind Maria und der Jünger Johannes, die nebeneinander unter dem Kreuz stehen und die Jesus einander als Sohn und Mutter anvertraut (Joh 19, 25–27); Maria Magdalena, die – in künstlerischer Freiheit ein wenig abweichend von den Evangelien – zusammengesunken zu Füßen des Kreuzes zu sehen ist; und der Hauptmann, der Jesus als Gottes Sohn bekennt (Mk 15,39). Die Frömmigkeit zur Entstehungszeit der Fenster lässt auf dem Bild Engel das Blut, das aus den Wunden Jesu fließt, in Kelchen auffangen. Auch dies ein Hinweis auf die Messfeier, in der der erhöhte Christus den Gläubigen in der Gestalt des verwandelten Weines sein Leben schenkt.
Dass die Fenster zu den Menschen sprechen sollten, kann man auch an dem Bibelvers aus dem Buch der Klagelieder (1,12) erkennen, der in schönen lateinischen Buchstaben unter das Bild geschrieben ist: „O vos omnes qui transitis per viam attendite et videte si est dolor sicut dolor meus.“ Zu Deutsch: „Ihr alle, die ihr auf dem Weg vorübergeht, haltet inne und seht, ob ein Schmerz dem dem meinen gleicht.“