Kleiner Kirchenführer
Katholische Pfarrkirche Liebfrauen Holzwickede
DAS BAUWERK
Sieben Jahre lang hatte die Katholische Gemeinde Holzwickede die Gottesdienste in einem Klassenraum der Aloysius-Schule gefeiert, bis am 13. November 1904 die neue Pfarrkirche Liebfrauen eingeweiht werden konnte.
Das Naturstein-Mauerwerk stammt aus Holzwickeder und Westhofener Steinbrüchen. Damals waren auch italienische Facharbeiter hier tätig.
Die Kirche ist in neugotischem Stil ausgeführt mit Querschiff, Ostchor und Westturm. Sie ist 50 m lang und 17 m breit. Die Höhe des Mittelschiffs beträgt 16 m, die der Seitenschiffe 13,50 m. Das Querschiff hat eine Länge von 22 m. Der Kirchturm ist bis zur Turmspitze 59,30 m und bis zur Spitze über Kreuz und Hahn 62,89 m hoch.
„Und welche Sprache führt die ganze Form? In Kreuzesform siehst du die Mauern aufsteigen, auf das Kreuz ist alles hier abgestellt. Und wenn dein Auge auf die große Kreuzigungsgruppe im Chorfenster fällt, dann hörst du es: So sehr hat Gott die Welt geliebt! Möchtest du diese Sprache immer beherzigen.“
(Alois Gemmeke, erster Pfarrer)
EINGÄNGE UND VORRAUM
Die Eingangstüren sind aus getöntem Glas. Bei Tageslicht sieht man aus dem Kirchenraum heraus das Leben auf der Straße. Bei Dunkelheit kann jeder von draußen in den erleuchteten Kirchenraum schauen. Drinnen und Draußen, Gottesdienst und tägliches Leben sind nicht streng voneinander getrennt. Sie haben miteinander zu tun.
Die Türgriffe sind aus Aluminium-Guss. Am Hauptportal besteht das Ornament aus sieben Lilien. Diese Blume ist ein Symbol für die ohne Erbsünde empfangene Gottesmutter Maria, nach der unsere Kirche Liebfrauenkirche heißt und deren jährlicher Patronatstag der 8. Dezember ist.
Der Vorraum will der Einstimmung auf den Besuch der Kirche und auf die Teilnahme an der Liturgie dienen. Darum ist auch die Trennwand zum Inneren aus Glas.
DAS TAUFBECKEN
Mitten im Vorraum steht das frühere Taufbecken aus rotem Marmor (Barbarossa).
Heute dient es als Weihwasserbecken. Durch das Weihwasser und die frühere Funktion erinnert es an die Taufe.
Die Marmorsäulen werden von Bronzelöwen getragen und von ornamentreichen Bronzekapitellen gekrönt.
DER INNENRAUM
Was die äußere Gestalt des Bauwerks schon angedeutet hat, wird beim Betreten des Innenraums zum bleibenden Eindruck: Die aufstrebende Architektur des hellen Raums bildet mit Längsschiff und Querschiff ein Kreuz, in dessen Mittelpunkt der Altar steht. „Die Gemeinde Jesu lebt davon, dass sie sich immer wieder um den gekreuzigten und auferstandenen Herrn versammelt. Diese Versammlung, die wir Eucharistie nennen, ist der Pulsschlag ihres Lebens.“ (Joseph Kard. Ratzinger)
Die Renovierung von 1970/71, zu der auch die Bronzegussarbeiten gehören (s.u.), hat dieser Sicht der Gemeinde und ihres Gottesdienstes Rechnung getragen: Der Altar steht inmitten der Gemeinde.
Eine weitere Renovierung des Innenraums erfolgte 1991. Kurz nach der Renovierung verursachte ein Brand der Krippe am zweiten Weihnachtstag 1992 einen grossen Schaden durch Qualm und Wasserdampf die sich in der Kirche verbreitet hatten. Die Schäden wurden in einer erneuten Renovierung beseitigt, die gerade erst renovierte Orgel konnte hingegen nicht erhalten werden. Eine neue Orgel wurde 1996 geweiht.
Die letzte Renovierung des Innenraums erfolgte zwischen Juni 2022 und April 2023, Elektrik und Anstrich wurden erneuert.
STELEN
Bis zum Jahr 2011 markierten nur die sechs großen Leuchter mit dem Standkreuz in der Mitte die Linie zwischen Altarraum und Chorraum. Im Jahr 2010 wurde ein Künstlerwettbewerb zur Neugestaltung des Chorraumes durchgeführt, den das Ehepaar Lutzenberger & Lutzenberger gewann ihn.
Seiner Idee entsprechend wurde die genannte Linie aufgegriffen, indem dort im November 2011 fünf bewegliche Stelen aufgestellt wurden. In der Regel bilden die Stelen einen Blickfang und eine Wand, welche den Altarraum nach hinten begrenzt und ihn somit als solchen betont. Die kostbare Oberflächengestaltung der Stelen hebt die sakrale Bedeutung des Raumes hervor. Das Gewebe wurde in der Weberei Egelkraut in Schwalmstadt-Trutzhain hergestellt.
ALTAR
Alle Bronzegussarbeiten in der Pfarrkirche sind vom Bildhauer Reinhold Schröder in Lünen in enger Fühlungnahme mit der Pfarrgemeinde und ihren Gremien erstellt worden.
Für den Altar ist bewusst die Tischform gewählt worden. Sie erinnert an den Abendmahlstisch Christi, um den die Gemeinde versammelt ist. Auf dem bronzenen Unterbau in Kreuzform ruht die Altarplatte aus Holz, ganz mit Pergament (echtes Rindsleder) überspannt. An den vier Seiten leuchtet ein Dreipass aus aufgehellter Bronze wie Gold. In die Altarplatte eingelassen ist der Altarstein mit dem Reliquiengrab aus dem früheren Hochaltar.
TABERNAKEL
Der Tabernakel steht an der Stirnwand des südlichen Seitenschiffs. Der Teppich, den wir auch im Altarraum finden, macht seine Verbindung zur eucharistischen Feier deutlich.
Das Tabernakelgehäuse ist mit menschlichen Figurengruppen geschmückt. Sie wollen die Vielfalt der Gruppierungen in einer Pfarrgemeinde darstellen. Überall gibt es Mittuende und Abständige, Gerechte und Sünder — wie der Apostel Paulus sagt. Ohne Unterschied werden alle von der Gemeinschaft getragen. Sie alle leben von der Mitte, vom Herrn, der im Tabernakel bei uns ist und hier auch angebetet wird.
Vier Arme umrahmen — wie eine Fassung den Edelstein — das Tabernakelgehäuse und laufen oben im Ewigen Licht zusammen, das auf die ständige Anwesenheit des Herrn hindeutet.
STANDKREUZ
Zwischen vieren der großen Leuchter (zwei stehen nun bei der Schutzmantelmadonna), vor der Stelenwand, steht ein Standkreuz, das im Mittelfeld mit Emailarbeiten geschmückt ist. Das Lamm mit der großen roten Wunde weist auf Christus, das Lamm Gottes hin, der getötet wurde, aber von den Toten auferstanden ist, der lebt und wiederkommen wird. Auf der Rückseite ist in einem hellblauen Feld die rote Dornenkrone zusehen.
LESEPULT (AMBO)
Der Ambo ist der Form des Lebensbaumes nachgebildet und weist in seiner Gliederung auf die Zahl sieben hin, die Fülle und Vielfalt ausdrücken will. Immer wieder wird Gottes Wort mit seiner reichen Fülle, mit seiner Bedeutung für alle Menschen, beim Gottesdienst an dieser Stelle verkündet.
PIETÀ (MARIENKLAGE)
Im nördlichen Seitenschiff steht auf einer bronzenen Stele eine Nachbildung der kostbaren gotischen Pietà, deren Original als Leihgabe dem Diözesanmuseum zu Paderborn anvertraut worden ist.
Maria war Jesus Christus im Herzen verbunden und hat ihm die Treue gehalten bis zum Tod. Sie ist Vorbild und Mutter aller glaubenden Menschen.
Der vergoldete Spiegel hinter der Figurengruppe will etwas sichtbar machen von der Würde der Gottesmutter und ihrem Leben in der Herrlichkeit Gottes.
Viele kommen tagsüber hierher, um der mitleidenden Gottesmutter Maria ihre Anliegen vorzutragen und in ihrer Nähe und in der Nähe ihres Sohnes Trost und Kraft zu schöpfen oder um für jemand anderen zu bitten. Die beiden Schalen an der Seite für die Kerzenlichter sind wie emporgehaltene Hände, die alles Heil von Gott erwarten.
SCHUTZMANTEL-MADONNA und CHORRAUM
Die oben genannten Stelen können um ihre eigene Achse gedreht werden. Das geschieht z.B. bei Gottesdiensten, bei denen auch der Platz im Chorraum mitgenutzt wird, oder in den Marienmonaten Mai und Oktober. Dann geben sie den Blick frei auf die Schutzmantelmadonna, die vor der Stirnwand der Kirche im Juli 2013 neu aufgestellt wurde. Vorher war diese Wand leer. Ursprünglich stand hier der Hochaltar.
Die Schutzmantelmadonna wurde vom Bildhauer Heinrich Lückenkötter, Oelde, aus Eiche geschnitzt und 1955 in der Kirche, wo sich heute die Pietà befindet, erstmals aufgestellt. Während der untere Teil der Schutzmantelmadonna, der Bilderfries zu den fünf Geheimnissen des freudenreichen Rosenkranzes, in der Kirche blieb, wurde bei der Neugestaltung 1970/1971 die Schutzmantelmadonna selbst aus der Kirche entfernt. Sie blieb im Ganzen erhalten, wurde aber z.T. schwer beschädigt und zwei Teile gingen verloren. Im Rahmen der Neugestaltung des Chorraums unter Leitung von Lutzenberger & Lutzenberger (s.o.) wurde sie nach dem Grundsatz “Wunden werden geheilt, Verlorenes bleibt verloren” restauriert, mit dem unteren Teil wieder vereint und auf einem kleinen Podest vor einer Rückwand, alles in purpurnem Rot gestrichen, wieder aufgestellt.
Unter dem Schutz der Gottesmutter Maria ist der erste Pfarrer der Gemeinde Alois Gemmeke zu erkennen, neben ihm sind Mütter mit Kindern und u.a. Menschen der Gegend, ein Bergarbeiter und ein Landmann zu sehen. In den Bilderfries darunter ist auch der Anfang des Lobgesangs Mariens aus dem Lukasevangelium (1,46–55) geschnitzt. Der Chorraum mit der Schutzmantelmadonna auf der einen und der Stelenwand auf der anderen Seite ist für die sogenannten Weggottesdienste der Kommunionkinder und für andere Formen von Gottesdiensten geeignet und wird auf diese Weise genutzt.
DIE FENSTER
Besonderer Schmuck der Kirche sind die schönen Fenster. Sie wurden 1904 von der Hofglasmalerei Hertel und Lersch in Düsseldorf gefertigt (die Fenster über Pietà und Tabernakel 1912).
Da die Kirche der Gottesmutter geweiht ist, stellen sieben der Bildfenster etwas aus dem Marienleben dar: Im nördlichen Querschiff sehen wir, wie Maria von ihren Eltern zum Tempel mitgenommen wird; Über der Pietà finden wir ein Bild der Verkündigung; im Hochchor sind die Geburt Jesu, sein Tod am Kreuz und die Sendung des Heiligen Geistes dargestellt; über dem Tabernakel zeigt das Fenster den Tod des heiligen Joseph; im südlichen Querschiff stellt das große Fenster die Aufnahme Mariens in den Himmel und ihre Krönung dar.
Hier ist noch die Fensterrose über dem Haupteingang der Kirche zu nennen, die das Licht der Abendsonne, das über die Orgel hinweg nach vorne fällt, in bunte Farben verwandelt. Das Fensterbild zeigt den thronenden Christus mit dem Buch des Lebens in der linken Hand. Schließlich gehört noch das Bild mit der Taufe Jesu im Jordan (ehemalige Taufkapelle hinten links) zum Schatz der Bildfenster.
Innenrenovierung — Brand — Neue Orgel
Von Mai bis Oktober 1991 fand eine umfassende Innenrenovierung statt, bei der die Kirche wieder mehr malerische Verzierungen erhielt, wie sie auch heute noch zu sehen sind. Am 26. Dezember 1992 ging von der Weihnachtskrippe ein Brand aus, der die vollständige erneute Innenrenovierung notwendig machte. Diese erfolgte von Januar bis April 1993 genau so wie die zwei Jahre zuvor. Auch in dieser Zeit der Schließung der Kirche war die katholische Gemeinde zu den Gottesdiensten zu Gast in der Evangelischen Kirche am Markt.
Bei dem Brand hatte jedoch auch die Orgel schweren Schaden genommen, so dass ein Orgelneubau beschlossen wurde. Die erste Orgel der Firma Feith, Paderborn, von 1922 hatte 20 Register und wurde bei der Erneuerung 1972 um zwei Register vermehrt. Gleichzeitig wurde eine Orgelbühne aus Beton gebaut, die allen Sängerinnen und Sängern des Kirchenchores genügend Platz bietet. Die Orgel hatte den Blick auf das Fenster im Turm mit dem Christusbild verdeckt. Die neue Orgel, die am 17. März 1996 geweiht wurde, gibt diesen Blick wieder frei. Sie entstand in der Orgelwerkstatt Siegfried Sauer, Höxter-Ottbergen, und besitzt 23 Register. Die Schleifladen haben eine mechanische Spieltraktur und elektrische Registertraktur. — Erste Reinigung und Renovierung: 2015.
Teppiche und Bankauflagen
Im Jahr 2014 wurden die Teppiche und Sitzauflagen der Bänke erneuert. Die nunmehr durchgehende gleiche Farbe vermittelt mehr als vorher die Einheit von Kirchenraum und Altarraum.
Kreuzweg
In der Chronik heißt es: Am 31. Dezember 1912 wurde auch beim Maler Bartscher in Oelde der neue Kreuzweg bestellt. Es ist eine Nachbildung des Amsterdamer Kreuzwegs. Die Kreuzwegbilder sind auf Kupferplatten gemalt.
Sie haben einen neuen hellen Eichenrahmen erhalten. Der Kreuzweg lädt ein, das Leiden des Herrn zu betrachten, das eigene Kreuz auf sich zu nehmen und dem Herrn nachzufolgen.
Herz-Jesu-Kapelle
In der Nähe des Haupteingangs befindet sich eine kleine Kapelle, in deren Mitte eine Herz-Jesu-Statue steht. Das ursprüngliche Fenster mit der Taufe Jesu im Jordan erinnert noch daran, dass sich hier einmal die Taufkapelle mit dem Taufbecken (heute im Haupteingang) befand. Heute wird es als Weihwasserbecken genutzt. Wer sich mit Weihwasser segnet, tut dies gleichzeitig zur Erinnerung an das Geschenk der Taufe. Die Taufgottesdienste finden heute in der Nähe des Altars statt, dabei wird eine Taufschale verwendet.
Zukunftsbild
Im Oktober 2014 setzte Erzbischof Hans-Josef Becker das „Zukunftsbild“ für das Erzbistum Paderborn in Kraft. Dem war ein zehnjähriger Beratungs- und Gesprächsprozess vorausgegangen. Erzbischof Becker schreibt selbst über den grundlegenden Text des „Zukunftsbildes“: Dieser „beschreibt, in welche Richtung sich die Kirche von Paderborn in den kommenden Jahren entwickeln soll. Er führt aus, welche grundlegenden Haltungen und welche theologischen und pastoralen Leitmotive dabei von besonderer Bedeutung sind.“ (Geleitwort zur Broschüre „ZukunftsBILD“) Symbol für das „Zukunftsbild“ ist ein Kreuz, das aus verschiedenfarbigen Elementen zusammengesetzt.
Im Jahr 2015 beauftragte Pastor Bernhard Middelanis die in Holzwickede lebende Künstlerin Ilka Breker ein Gemälde zu dem genannten Zukunftsbild zu malen, sozusagen ein Bild zum Zukunftsbild. In der Mitte des Gemäldes erscheint ganz bewusst das vielfarbige Symbolkreuz des „Zukunftsbildes“. Das Gemälde entstand noch im gleichen Jahr und misst 1,40m x 1,80m. Im folgenden Jahr kamen noch zwei Flügel hinzu. So entstand ein Triptychon, das jetzt in der Liebfrauenkirche links neben der Skulptur der Schmerzhaften Mutter Gottes an der Wand hängt und insgesamt 2,80m x 1,80m groß ist.
Wiederum ein Jahr später, 2017, wurde die oben genannte Broschüre „ZukunftsBILD“ verfasst. Sie gibt Auskunft über die Entstehung dieses Kunstwerks und über seine Intentionen.
Weitere Sehenswürdigkeiten
Dem Haupteingang gegenüber auf dem Kirchplatz hat eine Marienfigur aus Muschelkalk Aufstellung gefunden. Sie war Dechant Gemmeke 1947 aus Anlass seines Goldenen Priesterjubiläums von der Pfarrei geschenkt worden.
An der südlichen Turmseite außen ist eine Nachbildung des bekannten Hasenfensters vom Kreuzgang des Paderborner Doms zu sehen.
Der Bildhauer Reinhold Schröder hat auch kleinere Ausstattungsstücke mit großer Sorgfalt gestaltet, z. B. ein Bronzekreuz für den Altar, einen Tabernakelschlüssel in Form eines Pelikans und Altarkerzenleuchter.
Die Pfarrkirche ist in der Regel tagsüber immer geöffnet und lädt zum Verweilen und zum Gebet ein.
Kleiner Kirchenführer für die Kath. Pfarrkirche Liebfrauen Holzwickede.
Die Verwendung der Texte und Fotos ist nur mit Genehmigung der Pfarrgemeinde Heiliger Franziskus Holzwickede gestattelt.
Texte: Franz Teuber; Fortschreibung Bernhard Middelanis, jüngste Fassung 2016.
Fotos: Wolfgang Nowak